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„Bundesexekution“ und „Eidgenössische Intervention“ – ein historischer Kurzkommentar

25/02/2021

Unter dem Titel „Der Bundesrat wagt den Machtkampf“ ist im „Tages-Anzeiger“ bzw. „Bund“ ein aufschlussreicher Artikel zum Konflikt zwischen dem Bundesrat und gewissen Kantonsregierungen über die Frage der Verlängerung und/oder Lockerung der als Massnahmen gegen die COVID-19-Pandemie verfügten Einschränkungen erschienen. Der Artikel wirft auch die rechtlich und politisch hochbrisante Frage auf, welche Massnahmen der Bund notfalls hätte, um widerspengstige Kantone zur Einhaltung des Bundesrechts zu zwingen. Dazu habe ich folgenden Kommentar verfasst:

„Im Artikel steht, dass das verfassungsrechtliche Mittel der „Bundesexekution“ bisher nie angewandt wurde. Das stimmt zwar. Doch wie im entsprechenden Artikel „Bundesinterventionen“ im „Historischen Lexikon der Schweiz“ nachzulesen ist, kam es seit 1848 in bisher 10 Fällen zu einer „Eidgenössischen Intervention“. Ziel war es dabei jeweils, den inneren Frieden in einem Kanton wiederherzustellen. Dieses etwas mildere Mittel käme hier ebenfalls in Frage, obschon selbstverständlich zu hoffen ist, dass es nie wieder soweit kommen muss. Doch wie würde es aussehen, wenn gewisse Kreise am rechten Rand des politischen Spektrum ihren Aufrufen zu gezielten Verletzungen der Pandemieregeln und sogar für eine Neuauflage des reaktionären „Sonderbunds“ in grösserem Stil Taten folgen lassen würden? Wenn die zuständigen Kantonsbehörden in einem solchen Fall nicht fähig oder willens wären, dagegen einzuschreiten, hätte die Bundesversammlung – und in dringlichen Fällen sogar der Bundesrat allein – nicht nur das verfassungsmässige Recht, sondern sogar die staatspolitische Pflicht zur Bundesintervention. Dabei würde ein ziviler Bundeskommissär ernannt, der diese Kantone zuerst an ihre Pflichten erinnern und danach die verfassungsmässige Ordnung notfalls mit Zwangsmitteln wieder herstellen müsste. Nochmals: Hoffen wir, dass es nicht soweit kommen muss!“

Adrian Zimmermann, Historiker (Dr ès lettres), Delémont

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